Ein Resümee des 20. Jahrhunderts – 2000 Back to the Future

Arvo Pärt

geboren 11. September 1935 in Paide, Estland

Arvo Pärt ist wohl Estlands berühmtester und herausragendster Komponist und der erste Tonsetzer seines Landes, der weltweit Anerkennung gefunden hat und heute sogar so etwas wie Kultstatus als einer der originellsten Vertreter moderner Musik weltweit genießt. Im Jahr vor seinem Abschluss am Talliner Konservatorium 1963 gewann er einen Nachwuchswettbewerb für junge Komponisten mit einer Kinderkantate und dem Oratorium Maailma samm. Pärts Schaffen lässt sich in drei unterschiedliche Phasen aufteilen. Seine frühen Arbeiten zeigen deutlich den Einfluss von Schostakowitsch, Prokofjew, Ligeti, Lutowslawski und Stockhausen. Mit seiner Ersten Symphonie 1964 übernahm Pärt jedoch Schönbergs serielle Methode des Komponierens und beschäftigte sich auch eine kurze Zeit lang mit Collagen- und Zitiertechniken. Diese frühen Arbeiten zeigen bereits ein hohes Maß an kompositorischer Virtuosität und musikalischer Ausdrucksvielfalt &ndash sowohl für den ausführenden Musikern als auch für das Publikum sind sie eine aussergewöhnliche Herausforderung und ein intensives Erlebnis.

Nach mehreren Jahren kreativer Pause widmet sich Pärt dem Studium der Musik des Mittelalters und der Renaissance. Seine nach 1970 geschriebenen Werke beleben deshalb oft alte polyphonische Formen und Harmonien und sind deutlich von gregorianischen Gesängen beeinflusst. Dieser Stil ist auch gekennzeichnet von rhythmischer Stasis, einer Vorliebe für wenig Dynamik, offene Intervalle und konventionelle Dreiklänge. Diese "neo-mittelalterlichen" Kompositionen sind bemerkenswert wegen ihrer Schlichtheit, ihrer kontemplativen Stimmung, ihrer spirituellen Aura und ihres introspektiven Mystizismus, die mühelos die aus einem zeitlosen Vakuum zu stammen scheinenden Elemente alter und neuer Musik kombiniert. Auf die Frage nach einer Erläuterung seines besonderen "reifen" Kompositionsstils kommt Pärt gerne auf den Begriff "Tintinnabuli"-Stil zu sprechen:

&Tintinnabuli ist eine Klanglandschaft, in der ich mich oft bewege, wenn ich nach Antworten suche & in meinem Leben, in meiner Musik und in meiner Arbeit. Komplexe und vielschichtige Strukturen verwirren mich nur, und ich muss nach Einigkeit suchen. Dann bin ich hier allein mit der Stille. Ich habe entdeckt, dass es ausreicht, wenn nur eine einzige Note schön gespielt wird. Diese eine Note, oder eine Pause, oder ein Moment der Stille, tröstet mich. Ich arbeite mit nur sehr wenigen Elementen & mit einer oder zwei Stimmen. Dabei benutze ich die simpelsten Strukturen – ein Dreiklang, eine besondere Tonalität. Die drei Noten des Dreiklangs sind wie Glocken, und das bezeichne ich als Tintinnabuli."

Fratres 1977 komponierte Pärt Fratres für Streichquintett und Bläserquintett, und so wurde dieses Werk auch zuerst von "Hortus musicus", einem estländischen Instrumentalensemble für alte Musik, aufgeführt. Seither hat Pärt die Komposition für mehrere unterschiedliche Instrumentalkombinationen bearbeitet, wobei in einigen Versionen Soloinstrumente und in anderen Ensembles mit wechselnder Zusammensetzung zum Einsatz kommen. Das Werk (in dieser Aufnahme als Bearbeitung für Solovioline und Streicher zu hören) und sein Titel ("Brüder") vermitteln den Eindruck einer würdigen, kerzenerleuchteten Prozession mittelalterlicher Mönche auf ihrem Weg zur Messe. Fratres ist das direkte Ergebnis der Beschäftigung des Komponisten mit mittelalterlicher Musik. Über einem liturgisch-formelhaften, archaisch klingenden tiefen Bordunton ist ein obsessives, psalmartiges Thema zu hören, das von den Streichern immer wieder aufgenommen wird. Bei jeder Wiederholung ornamentiert der Solist das Thema und spielt dabei Variationen einfacher Eleganz, die schließlich mit spiritueller Inbrunst einem leidenschaftlichen Höhepunkt entgegenstreben. Mit allmählich abnehmender Intensität und Emotionalität findet das Werk zurück zu einer friedvollen und spirituellen Ruhe.

Mit freundlicher Genehmigung von Columbia Artists Management Inc

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