Dmitrij Dmitrijewitsch Schostakowitsch ist der erste bedeutende russische Komponist, der seine gesamte musikalische Ausbildung unter dem sowjetischen Regime erhält. Mit seiner 1. Sinfonie gewinnt er internationale Anerkennung und auch das Lob der sowjetischen Führung. Das als Abschlussarbeit für das Konservatorium geschriebene Werk wird bei der Premiere im Mai 1926 in Leningrad und auch bei der Uraufführung im Westen im Mai 1927 in Berlin (Dirigent: Bruno Walter) und nach der amerikanischen Premiere im November 1928 in Philadelphia (Dirigent: Leopold Stokowski) stürmisch gefeiert. Während seines ganzen Lebens jedoch gerät Schostakowitsch jedoch immer wieder in Konflikt mit der offiziellen russischen Musikpolitik, wenn auch an seiner Loyalität nie wirklich Zweifel bestehen. Selbst nach seiner Oper Lady Macbeth des Mzensker Kreises, die international als Meisterwerk anerkannt wird, denunziert die Prawda in einem Leitartikel von 1936 unter der Überschrift "Chaos an Stelle von Musik" die Partitur als "nervös, laut, neurotisch" und "grob, primitiv und vulgär". Diese Attacke – der sich übrigens zahlreiche zeitgenössische Komponisten anschließen – ist als Warnung vor "Modernismus", "Formalismus" (bzw. Musik, die sich offensichtlich nur der inneren Welt des Komponisten selbst erschließt) und vor anderen angeblichen Vergehen gegen den "sozialistischen Realismus" gedacht. Ein Jahr später wird er von der sowjetischen Führung nach der Premiere der 5. Symphonie in d-moll, Op. 47, rehabilitiert, die verdienterweise als Meisterwerk gefeiert und von den Behörden als die "kreative Antwort eines sowjetischen Künstlers auf berechtigte Kritik" beschrieben wird. 1948 wird er zum Volkskünstler der russischen Republik ernannt, nur um im selben Jahr erneut ins Kreuzfeuer der Staatskritik zu geraten. Schließlich wird er zum Ehrenkomponisten der Sowjetunion ernannt.
Schostakowitschs Ruhm beruht in erster Linie auf einigen seiner 15 Symphonien; es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass er auch Kammermusik geschrieben hat. Zu diesen kammermusikalischen Werken, in denen viele Gemeinsamkeiten mit seinen Symphonien zu finden sind, gehören nicht weniger als 15 Streichquartette. Er schreibt zwei Klaviertrios, von denen das 1923 in einem durchgehenden Satz mit kontrastierenden Teilen geschriebene erste Trio unveröffentlicht bleibt.
Klaviertrio Nr. 2 in e-moll, Op. 67 Das Trio Nr. 2 in e-moll, Op. 67 wurde im Sommer 1944 zum Andenken an den Musikwissenschaftler Iwan Sollertinsky geschrieben, der ein enger Freund des Komponisten war und im Februar des Vorjahres in einem Konzentrationslager der Nazis ums Leben gekommen war. Offiziell ist das Trio in e-moll von seiner Art keine Programmmusik, aber wie die meisten der in der Sowjetunion zur damaligen Zeit komponierten Werke ist auch diese Komposition ganz eindeutig von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges beeinflusst. Das Trio ist introspektiv und melancholisch, und nur manchmal scheinen die Brillanz und die Ausgelassenheit auf, die typisch sind für viele andere Arbeiten von Schostakowitsch.
Das klagende Andante als Einleitung zum ersten Satz wird getragen von einem Thema, bei dem die hellen Cello-Flageoletts einen reizvollen Kontrast zu den darunter liegenden Geigen bilden. Das Moderato als Hauptteil des Satzes ist in klarer Sonatenform gefasst und setzt die für das gesamte Werk typische polyphone Struktur fort. Hier sind deutliche Bezüge zur Musik Mahlers erkennbar, bei der ein alltägliches Thema durch den emotionalen Kontext, in den es gestellt wird, oft Wucht und Tiefe erhält.
Der zweite Satz ist ein lebhaft-munteres Scherzo, dessen Fröhlichkeit eine eher gezwungene, fast berauschte Qualität zeigt, die den Hörer gleichwohl in ihren Bann schlägt. Das Largo als dritter Satz ist eine elegische Passacaglia, bei der die dramatische Akkordfolge des Pianos sechsmal als Basis für die aufwühlenden Kontrapunktlinien der Streicher dienen.
Der dritte Satz wird ohne Pause direkt in den vierten Satz übergeleitet. Das Finale enthält ein altes hebräisches Thema als Tribut an Sollertinskys Vermächtnis, in seiner Ausführung an einen Totentanz erinnernd. Der treibende Rhyhtmus findet seinen Höhepunkt in einem leidenschaftlichen Finale, wobei in diesem Teil erneut ein Motiv aus dem ersten Eröffnungssatz aufgegriffen wird. Die Musik wird zunehmend ätherisch, und auch das Thema des dritten Satzes kommt vor dem ruhigen Ende noch einmal in furioser Weise zum Tragen.
Mit freundlicher Genehmigung von Columbia Artists Management Inc.